Das ABC der Angstfreiheit – Teil 2

 

I wie Innenleben

Wer Angst hat, ist gern drinnen, in den eigenen oder sicheren vier Wänden. Vielleicht ist man auch gar nicht gern im Innen. In jedem Fall versucht man gern, sich von seinem Inneren abzuwenden und abzulenken. Das ist halb gut und halb nicht so nützlich, da es wichtig ist, wonach dein Inneres schreit. Es ist wichtig, dass es schreit und weshalb es schreit. Vor allem sind die Rückschlüsse: Was kannst du tun, damit es aufhört, zu schreien? wichtig.

In deinem Inneren liegen auch verborgene, verdrängte und absichtlich oder erzwungen abgespaltene Fähigkeiten, die gehört werden wollen. So kann eine Vielbegabung, eine Hochbegabung oder eine Hochsensititivtät und Hochsensibilität in dir schlummern, die gehört werden wollen. Sie brauchen deine Aufmerksamkeit, sie brauchen deine Achtung.

 

J wie Job

Work-Life-Balance als Neugewichtung verstehen und annehmen:

Jobs kommen und gehen und können genauso schnell wieder gekündigt werden, wie ein neuer, besserer gefunden werden kann. Sich für seinen Job zu verbiegen, seinem Arbeitgeber hörig zu sein, sich wegen den Ansprüchen und Zeitzwängen kaputtzumachen, ist eine sehr unvernünftige und ignorante Entscheidung.

Ein Job kann Befriedigung und Anerkennung bringen, dir Prestige, ein dickes Bankkonto und viel(e) Freu(n)de schaffen, aber er kann auch so viel Verpflichtung, Verantwortung und Selbstverleugnung mit sich bringen, dass er dich zwingt, dich und dein Leben zu vernachlässigen.

Kein Job ist das wert.

 

K wie Kreativität ausleben

Wie kanalisierst du dein Inneres?

Durch Musik? Singen? Malen? Schreiben? Handwerken? Kochen? Fotografieren? Tanzen? Webdesignen? Sprechen? Gedichte schreiben? Facebooken? Pinteresten? Twittern? Basteln? Backen? Layouten? Illustrieren? Schneidern? Häkeln? Schminken? Kleidung zusammenstellen? Dekorieren? Innenräume designen? Gärtnern? Kräuter züchten?

Wie bringst du dein Inneres zum Ausdruck?

Selbstausdruck ist wichtig, da du dich ansonsten leicht in anderen Menschen und fremden Zielen verirren kannst. Selbstausdruck auf kreative Weise lässt vor allem zu, dass du dich etwas widmen kannst, wenn alles andere gerade mindergut läuft. Es bedeutet Halt und mentale Entspannung, geistige Ablenkung und körperliche Zuwendung, Nahrung für deine Seele und Zwangsfreiheit für dein Herz.

 

L wie Lieben lernen

Liebe: eine Dimension für sich.

Lieben können.

Sich lieben lassen.

Sich selbst lieben.

Gleich drei Überraschungen in einem Ei, sozusagen. Und schwierig, falls du zu denen gehörst, die es schwer finden, liebenswert zu sein oder leicht böse werden, wenn man sie unliebenswert behandelt. Obwohl es ein- und dasselbe ist: Denn Selbstliebe zeigt sich dann, wenn andere dich liebenswert behandeln, weil sie sehen, dass du dich so behandelst. Sie zeigt sich auch, wenn du es nicht tust. Dann wirst du eben genauso behandelt. Sie zeigt sich auch, wenn du es tust: Denn dann würdest du keine Menschen in deinem Leben haben, die dich verletzen können, weil du sie a) weder ernst, noch b) überhaupt wahrnehmen würdest.

Jemanden lieben zu können, so wie er ist, heißt: dich lieben zu können, so wie du bist. Jemanden dich lieben zu lassen, anstatt Enge und Fluchtdrang zu fühlen, heißt, dass du dich liebst, ohne vor dir wegzurennen oder dich “nur mal kurz” wichtig zu nehmen.

 

M wie Mehrschichtigkeit und Mehrwert erkennen

Jeder Mensch ist mehr als seine Angst oder Stress. Du bist nicht deine Angst, nicht deine Trauer, nicht deine Zweifel, nicht deine Sorgen. Eine übermäßige Identifikation mit deinen Lasten ist realitätsverzerrend. Du bist auch nicht die Angst, Trauer, Sorgen, Zweifel der anderen Menschen in deinem Umfeld. Jeder Mensch ist mehrschichtig, vielschichtig und hat somit einen Mehrwert, den er mit sich bringt und anderen schenken kann.

Diesen Mehrwert zu kennen, ist ein sehr guter Schritt in Richtung Zuversicht. Allein die Tatsache, zu wissen, dass man mehrere Talente hat, mehrere Fähigkeiten, mehrere Gebiete wissenstechnisch bewandert hat, mehrere Werte in sich trägt und anerkennt, macht einen flexibel für alles, was kommen mag.

Kennst du deinen Mehrwert?

Wie viele Schichten und unterschiedliche Werte hast du?

Welche könnten dich in brutalen Momenten emotionaler Zweifel halten und dir Glauben schenken?

Ich bin mir sicher, wer lange genug darüber nachdenkt, wird mehrere Aspekte finden, die sich gut anfühlen und dir Vertrauen schenken.

 

N wie Nehmen und Geben als Einheit lernen

Ja, wir mögen Menschen, die geben. Aber Menschen, die nur nehmen, mögen wir nicht. Doch: Es gibt Menschen, die sich nicht trauen, zu nehmen. Sie wollen nur geben, weil sie meinen, sie müssen (und es meist in ihrer Vergangenheit so gelernt haben). Auch gibt es Menschen, die meinen, nur nehmen zu dürfen, weil sie die Vergangenheit ausreichend genug gestraft oder benachteiligt hätte. Sie hielt zu viele Zumutungen parat, die dann eingefordert werden.

Lernen zu nehmen und zu geben, muss als Einheit verstanden werden. Wenn du denkst: Ich gebe jemandem etwas und dafür verdiene ich mir, dass er mir etwas zurückgibt (z. B. Liebe, Geld, Anerkennung, Familie, die Erfüllung meiner Träume, nicht verlassen werden usw.). Wenn ich gegeben habe, dann darf ich automatisch nehmen. Wenn du so denkst, dann wirst du zwangsläufig enttäuscht und verwundert zurückbleiben. Solche Gedankengänge ziehen Menschen in dein Leben, die wenig bis gar nichts zurückgeben, um dir die Lektion zu zeigen. Du musst zu deinen Bedürfnissen stehen und sie einfordern, eben anderen deine Bedingungen und Gefühle zumuten. Das ist oft bei Menschen, die mehr geben, als nehmen, eine große Angst. Sie fürchten sich, dass sie wegen ihrer Gefühle und ihrem Willen verlassen würden oder es zu Konflikten käme. Sie haben meist gelernt, dass das, was sie wollen und fühlen, in den Augen anderer falsch, irrational oder unzumutbar sei. Doch das stimmt nicht.

Wer hingegen meint, er dürfe unendlich nehmen für nichts, der wird ebenso enttäuscht und verwundert zurückbleiben, weil er viel Schuld, Ärger und Mangel erleben wird. Alles artet dann in Kampf aus.

Nur die Balance, die Einheit, kann Zufriedenheit bringen. Die bedeutet dann auch, dass man Durststrecken, in denen kein Nehmen möglich ist, ertragen werden können, genauso wie Flutwellen, in denen man nichts geben muss.

Man kann nur nehmen, wo Fülle vorhanden ist und man kann nur geben, wenn Fülle vorhanden ist. Wer schuftet, weil er Mangel vermindern will und so Fülle schaffen möchte, wird nur noch mehr Mangel schaffen.

 

O wie Offenheit bewahren

Wie offen sind wir heute noch für uns selbst, für den Zufall, für die plötzliche Liebe und ein fremdes Lächeln, für die Millionen, die regnen oder die unerwartete Dankbarkeit von lieben Menschen? Ich sehe viele Menschen, die für eines der eben genannten Dinge schuften, ackern, lügen, manipulieren, sich verbiegen, sich verleugnen etc. Aber dass es einfach so geschieht, weil man losgelassen hat und offen ist, für alles, was so kommen möge?

Offenheit heißt also, dass man Sachen, die man für unglaublich hält, einfach wieder mit auf den Tisch des Lebens packt:

Wieso sollte der/die mich interessant finden?

Wieso sollte ich noch einmal studieren?

Das kann ich doch gar nicht!

Dafür habe ich doch gar keine Zeit!

Der/Die hat doch sicher einen Partner!

Wieso sollte er/sie mich verstehen?

Wieso sollte mich der Chef mehr loben als den Kollegen x oder gar befördern?

“…weil das immer schon so war!”

Wer einmal negative, fremde Entscheidungen, besonders in Vergleichssituationen, erlebt hat, glaubt häufig, dass das, was damals geschah, nun als Wiederholungsschleife ablaufen würde. Leider. Aber wer Offenheit praktiziert und fühlt, der weiß:

Das war früher, das war ein Mensch, ein Partner, ein Chef. Heute aber ist ein neuer Tag und ich bin offen für neue Erfahrungen, neue Menschen und positive Überraschungen.

 

P wie Pauschalisierungen vermeiden

Bei dem Term Pauschalisierungen ist immer | alles | gleich | schlecht. Das bedeutet:

Man meint, immer nur das Eine, Dasselbe, Wenige oder Minderwertige zu erhalten, zu sein, zu erkennen, zu leben.

Bei einer generellen Angst würde man zum Beispiel denken:

  • Er/Sie trennt sich sicher von mir.
  • Wenn ich einen Fehler mache, werde ich gekündigt.
  • Wenn ich den Job verliere, finde ich nie wieder einen anderen.
  • Wenn ich kündige, passiert bestimmt etwas Schlimmes im neuen Job.
  • Wenn dies nicht geschieht, dann geschieht das.
  • Wenn du mich nicht liebst, bist du doof.
  • Wenn du das nicht tust, liebst du mich nicht.
  • Wenn ich glücklich wäre, käme bestimmt das Schicksal in Form universeller Balance und würde mir etwas Schlechtes bescheren, um mein Glück wieder auszugleichen.
  • usw.

Bei einer generellen Angst spielen die Menschen Hellseher. Sie meinen die Zukunft zu kennen, obwohl sie sie nicht kennen. Sie meinen, sie wüssten alles über alles und jeden.

Bei Panik spielen Menschen auch Hellseher: Sie meinen, dass wieder eine Panikattacke kommt und haben Angst vor ihrer eigenen Angst.

Doch dahinter steckt eine Form der Kontrolle, die die Weite der Welt, die Vielschichtigkeit der auf dich wartenden Erfahrungen, die Güte der Menschen, die Kraft deines Selbst abschneidet. Ich habe oft erlebt, dass dies nur Konsequenzen sind, daher schreibe ich viel über Fremdansprüche. Ich habe sowohl am eigenen Leib, als auch bei anderen, gesehen, dass es meist der Willen der anderen ist, dass man

  • Zuhause bleibt,
  • die Kinder großzieht,
  • das Haus sauber hält,
  • im Home Office sitzt
  • der Letzte zu sein hat, der aus dem Büro geht,
  • dass man nichts zu sagen hat
  • dass man sich nicht für x interessieren darf,
  • dass man nichts Neues ausprobieren darf,
  • dass man die Hosen anhat,
  • der Brötchenverdiener sei usw.

Das, was andere von uns wollen (weil sie es für sich wollen), erzeugt Enge in uns und um zu garantieren, dass wir keine Probleme machen (und deshalb auch nicht bekommen), passen wir uns an und lasten es auf unseren Schultern.

Schau doch mal nach Situationen, in denen du pauschalisierst bzw. die Pauschalisierungen anderer blind glaubst:

Das macht MAN NICHT! Das kann ich nicht! Das schaffe ich nicht! Das will er nicht! Das will sie nicht! Das darf man nicht! Das macht man doch nicht! Dann passiert nämlich das…!

Überprüfe anhand deiner Angaben, welche Pauschalisierung tatsächlich von dir stammt.

 

Erfahre die Buchstaben Q bis Z im letzten Teil des Beitrags „Das ABC der Angstfreiheit“ am 30.08.2016 hier im Angst Blog.

 

Coach für Frauen und Männer bei Ängsten

Janett Menzel

Mentorin | Life & Love Design

Expertin für Bindungsangst und Kommunikation in Partnerschaften, Emanzipationswunden, transgenerationale Muster, Wer bin ich? Wer will ich sein? (Identitätsbildung), dysfunktionale Familien (Mutter- und Vaterwunden), Hochbegabung – Hochempathie – Kreativität & Angst, Trainerin für individuelle Meditationen und Tiefen-Entspannungstechniken. Anfragen und Beratungen >>

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