Angst vor Lautstärke: Was wir von lauten Menschen lernen können

 

Die Angst vor lauten Geräuschen bzw. erheblicher Lautstärke ist angeboren. Als Introvertierte, Hochsensible, Intuitive und Empathin weiß ich, wie schwierig deshalb laute, sich in den Mittelpunkt drängende Menschen sein können. Sie zehren an den Nerven. Vor allem aber machen sie uns wütend. Sie werden eine Last, die wir in Zeiten, in denen wir uns nach Ruhe und Stille sehnen, kaum ertragen können. Während wir in Verbindung zu uns sein möchten, lenken sie uns ab und unseren Blick – erzwungen – auf sie. Wir wollen nichts von ihnen mitbekommen, wollen nicht hören, mit wem sie telefonieren, was sie heute erlebt haben. Nicht selten sind es völlig unwichtige, im Vergleich zu unserem Leben, vermeintlich sinnlose Gesprächsthemen, die sie uns in Bussen, Bahnen, Zügen, Flugzeugen und Öffis aufdrängen. Wir können nicht fliehen. Immerhin müssen auch wir an unser Ziel. Bei einigen lösen laute Geräusche und Menschen sogar Angst- und Panikattacken aus. Je sensibler die Seele durch Stress oder Konstitution ist, zum Beispiel durch Hochsensibilität oder Hochempathie, desto heikler kann es für die psychische Gesundheit werden.

 

Die Psyche & Lautstärke: Durch laute Geräusche und laute Menschen getroffen

lärm und wie er der psyche schaden kannÜberreizung durch Lautstärke, wie zum Beispiel Baulärm, hellhörige Wohnungen, (Großraum)Büros, Geräusche des Partners/der Familie oder fremde, laute Menschen: Mehrere Studien zeigen, dass Lautstärke in jeder Form die Psyche nachhaltig schädigen kann. Die Folgen können u. a. Konzentrationsmangel, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Migräne, Lernschwierigkeiten, Schlafstörungen bis hin zu psychischen Erkrankungen wie Angstzustände und Panikattacken sein.

Sozialer, emotionaler oder psychischer Stress (egal, durch was hervorgerufen) bedeutet, dass der Körper Stresshormone ausschüttet, die er auch wieder abbauen muss, damit wir gesund bleiben. Bleibt die Lärmbelästigung aber anhaltend, wird es schwer, denn der Körper schüttet schneller aus, als er abbauen kann. Einmal mehr ist Resilienz ist gefragt, wenn wir dem Körper helfen wollen. Wir müssen Wege finden, um entstehenden Stress durch Lautstärke oder Lärm auch wieder verringern zu können. Hochsensible, empathische oder allgemein gestresste Menschen können besonders von einem neuen Umgang mit Stress durch Lautstärke oder laute Menschen profitieren.

Auch die charakterliche Konstitution – Introversion versus Extraversion – zeigt unsere Befangenheit und Bedürftigkeit. Doch während extravertierte Menschen es selten merken, dass sie introvertierte oder hochsensible Nerven belasten, werden Introvertierte erneut auf ihre Gefühle zurückgeworfen. Unsere in uns, durch sie ausgelösten, Folgegefühle belästigen uns. Selbst böse Blicke, um diesen Menschen zu signalisieren, dass wir uns in die Ecke gedrängt fühlen, bringen selten etwas. Die Wut, die sie in uns auslösen, verbleibt auch in uns. Insofern wir nicht offen sprechen und unserer Verletzung durch sie Luft machen, sind wir mitten in ihrem Leben, ihrer Agenda, ihren Bedürfnissen, ihrer Persönlichkeit. Ohne es zu wollen. Und wir geraten mehr und mehr in den Hintergrund: mit unseren Bedürfnissen, unseren Gefühlen und unserer Natur. So geht es nicht nur Introvertierten. Auch Menschen, die wenig Zeit für Selbstfürsorge hatten/haben, und solche, die stark gestresst oder eingebunden sind in zehrende Themen, erleben diese Belastung.

 

Wie man mit der Angst vor lauten Geräuschen und Menschen umgehen kann

rücksichtslose laute Menschen und solche, die sich in den mittelpunkt drängenNeben der Nutzung von allen Entspannungstechniken und Sport, Meditation oder Yoga, um seine Belastbarkeit zu stärken bzw. sich nach der Lautstärke-Belastung wieder zu fangen, bleibt nicht viel.

Ich denke seit langer Zeit darüber nach, wie man aufdringliche Lautstärke bzw. laute Menschen meistern kann. Jedes einzelne Mal gerate ich an den Punkt, an dem es nichts gibt, was ich im Außen tun könnte, außer es anzusprechen und sie darauf zu verweisen, Rücksicht auf die anderen Anwesenden und ihre Bedürfnisse zu nehmen. Das wäre ein Weg. Doch gehen den nur wenige. Auch ich nur selten. Es bringt Konfrontation und eventuelle Auseinandersetzungen mit sich. Das Herz schlägt Purzelbäume und die Knie zittern. Die Wut ist dennoch da, denn immerhin ermutigt sie uns zur Selbstbehauptung.

Doch gerade hochsensible, gestresste, empathische oder intuitive Menschen vermeiden oft ehrliche und offene Konfrontationen. Alles, was sie wollen, ist Ruhe und Harmonie. Sie trennen sich von ihrer Seele oder ihrem Herzen, wenn sie andere auf ihre Fehler oder ihr verletzendes Verhalten aufmerksam machen. Sie wollen weder „die oder der Böse“ sein noch sind sie interessiert daran, die Gefühle eines anderen zu verletzen. Insofern aber der Mut nicht aufgebracht wird, aus welchen Gründen auch immer, bleibt nur eins: herausfinden, was uns diese Situation sagen und zeigen möchte. Worauf könnten bzw. wollen uns extravertierte oder laute, in unseren Augen rücksichtslose, Menschen hinweisen?

Vorab-Vorschläge für den Umgang sind:

  1. es (laut) ansprechen und sie darauf hinweisen
  2. akzeptieren, dass sie anders sind als du und du anders als sie
  3. ihnen vergeben und erkennen, dass sie um der Aufmerksamkeit wegen in Kauf nehmen, die Gefühle anderer zu verletzen, sie zu belästigen und somit – zumindest bei einigen – auch Antisympathie schüren
  4. den Sinn ihres Verhaltens einmal anders wahrnehmen, nämlich, dass sie weder Ablehnung noch Kritik fürchten und im Interesse ihres Wohlbefindens und ihrer Persönlichkeit, ihres Lebens, tun, was sie möchten (und dich das nervt)

Als aufmerksamer Mensch, und wenn du ein wenig so bist, wie ich, wird dir vielleicht aufgefallen sein, dass dieses Verhalten in dir Wut auslöst. EIGENTLICH willst du sie zum Schweigen bringen. Doch dieser Wunsch hat eine Kehrseite: Du willst sie zum Schweigen bringen, weil es deine Weltsicht ist, dass man sich wie sie nicht verhält,

  • sonst bist du oder jemand verletzt,
  • sonst bist du oder jemand wütend,
  • sonst wird du oder jemand gestört, dessen Bedürfnisse wichtiger sind als die eines anderen,
  • sonst wird die Harmonie zwischen euch gestört,
  • sonst kann sich jemand nicht von seinem stressigen oder belastenden Tag erholen,
  • sonst erzwingst du oder jemand Interesse und Aufmerksamkeit,
  • sonst unterbrichst du oder jemand ein Bedürfnis und wird zu einem „Problem“

Kommt dir einer dieser Aspekte bekannt vor? Kennst du jemanden, der das in deinem Verhalten unterband? Wünschst du dir, dass das jemand Bestimmtes in der Vergangenheit bei dir unterbunden hätte?

 

Was wir von lauten Menschen lernen können

angst und wut wegen lauter menschen abstellenSchauen wir uns die Situation noch tiefer an: Jemand oder eine Gruppe im öffentlichen Raum verursacht in uns Betroffenheit, Unruhe und Ärger, sogar Angst und Panik. Hervorgerufen wird das durch ein bestimmtes Verhalten: Lautstärke, Gespräche, eine Handlung (ohne Kopfhörer Musik hören z. B., sehr viel Raum einnehmen, stark aufdringliches Parfüm oder forcierte Blicke, Desinteresse/Rücksichtslosigkeit, Annahme, andere würden ihre Art dulden oder begrüßen, Gleichgültigkeit gegenüber den Gefühlen anderer). Diese Menschen ziehen automatisch durch ihr Verhalten unsere und andere Aufmerksamkeit auf sich und stellen sich – zumindest bei einigen Menschen – dadurch in den Mittelpunkt. Einige Menschen aber können laute, aufdringliche Menschen gut ignorieren/ausblenden. Sie bleiben dennoch im Kontakt zu sich selbst.

Die, die laute Menschen aber als nervig empfinden, nehmen sie nur deshalb wahr, weil die Wahrnehmung anderer als Verhaltensmerkmal Teil ihrer Persönlichkeit ist. Selbst bei völlig Fremden, die sie ignorieren könnten.

Doch für die, die es gewohnt sind, dass schlichtweg jeder ihre Aufmerksamkeit bekommt, löst es verständlicherweise Wut und tiefe Betroffenheit, geschädigte Nerven und eine Menge psychische Belastung aus, die Ich-Zeiten und Wiederverbindung mit sich immens stören. Denn laute Menschen scheinen zu sagen: „Ob dir das gefällt oder nicht, spielt in diesem Moment keine Rolle für mich. Wie du damit umgehst, spielt keine Rolle. Für mich ist es gleichgültig, was du jetzt darüber denkst. Es wird an meinem Verhalten nichts ändern. Männer sind mir egal, die mein Verhalten störend finden könnten. Frauen sind mir egal, die mein Verhalten störend finden könnten. Kinder sind mir egal, die mein Verhalten störend finden könnten. Mein Augenmerk liegt auf mir und dem, was ich bin, will, fühle, welche Menschen es in meinem Leben gibt, was ich kann, was ich nicht kann, wie ich der Welt begegne. Ob es dir oder jemand anderem passt oder du es ablehnst, wie ich mich in der Welt bewege, wie ich ihr begegne, spielt keine Rolle für mich. Du wunderst dich darüber, dass ich so bin, wie ich bin und wie ich mich verhalte. Ich wundere mich darüber, dass du nicht so bist, wie ich und wie ich mich verhalte. Du magst anders sein als ich, gerade etwas Anderes brauchen, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Ich mache dennoch das, was ich für richtig erachte.“

Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber nebst der Wut, die in mir in solchen Situationen stets hochstieg, geschah vor allem eins in mir: Ich empfand es deshalb als rücksichtslos, weil es für mich – so habe ich es gelernt – eine Anmaßung, eine Dreistigkeit, darstellte, so zu sein und so zu denken. Ich erntete (in meinen jungen Jahren) viel Ablehnung und Konflikte mit einem ähnlichen Verhalten. Es sorgte für Ausgrenzung in Schulzeiten und für Disharmonie Zuhause. Daraus schlussfolgerte ich: Laut zu sein und andere während ihrer Bedürfnisse wegen meiner eigenen zu unterbrechen oder zu stören, ist ab sofort tabu. Zudem lernte ich, dass es anderen so viel bessergeht, wenn ich still bleibe und sie machen lasse – was es auch sein mag. Ich lernte gleichermaßen, meine Bedürfnisse zurückzustellen oder ganz für mich zu behalten.

Neben Wut, lösten laute Menschen auch diese Reaktion in mir aus: Allein die Tatsache, dass sie offen und ungeniert ihre Bedürfnisse und Persönlichkeit, ihr Leben, zur Schau stellten, ohne sich über die Reaktion und Gefühle anderer Gedanken zu machen, sich der anderen bewusst zu werden, empfand ich als Last. Hinzu kam meine eigene Unfähigkeit, mit ihnen und ihrem Verhalten umzugehen. Denn das machte mich außerdem wütend. Grundsätzlich war ich selten erfreut, wenn mich jemand bedrängte, mir meine Zeit stahl, meinen Fokus unterbrach oder gegen meine Werte ging. Besonders dann, wenn derjenige nicht davon abließ, mich von seiner Weltsicht oder seinen Bedürfnissen überzeugen zu wollen, sie mir aufzwang, nur um zu bekommen, was er wollte, kein Nein akzeptierte, nur sich und seine Ziele im Kopf hatte.

Doch dieses Gedankengut bringt nur wenig und ändert nichts am eigenen Unwohl, wenn laute Menschen in unserem Umfeld sind.

Ich schaute mir meine inneren Anweisungen an. Vielleicht lösen diese Sätze auch etwas in dir aus? Mach den Test: Wurdest du zum Leisesein erzogen? (pdf)

 

Reflexionsfragen zur eigenen Betroffenheit durch Lautstärke bzw. laute Menschen

So stark, wie ein Bedürfnis nach Stille und Ruhe auch sein kann: Erstens muss man sich fragen, woher es kommt. Welche Lebensweise oder welche Situation im Leben stärkt das Bedürfnis? Wann tauchte dieses Bedürfnis zum ersten Mal auf (der früheste Zeitpunkt, an den man sich erinnern kann)? Ist es ein wiederkehrendes oder immer präsentes Bedürfnis bzw. ist man zum ersten Mal damit konfrontiert? Welche anderen Bedürfnisse, die das Bedürfnis nach Ruhe/Stille auslösen, sind nicht erfüllt? Zu den einzelnen Fragen:

 

Welche Lebensweise oder welche Situation im Leben stärkt das Bedürfnis nach Ruhe/Stille?

Ob es ein besonders nervenzehrender, lauter, überfüllter, fremdgesteuerter, einseitiger Job oder es eine solche Beziehung ist, ob du zu wenige soziale Kontakte hast, unter deinem Singledasein leidest oder eher der Mülleimer für anderer Leute Agenda, Leben und Sorgen bist: Etwas im Leben führt dich dazu, dass Ruhe und Stille von deinem System Körper-Geist-Herz-Seele als nützlich und nötig empfunden wird. Dieses Etwas zu eliminieren oder sich dort zu sich und seinen Bedürfnissen zu bekennen, kann das Ruhe/Stille-Bedürfnis abklingen lassen.

 

Wann tauchte dieses Bedürfnis zum ersten Mal auf (der früheste Zeitpunkt, an den man sich erinnern kann)? Ist es ein wiederkehrendes oder immer präsentes Bedürfnis bzw. ist man zum ersten Mal damit konfrontiert?

Wenn etwas bereits da war, man es von früher kennt, zum Beispiel aus der Kindheit in bestimmten Situationen oder aus dem Studium/der Ausbildung, als man stark gestresst war oder von harten Arbeitstagen, an denen man über seine körperlich-geistigen Grenzen gegangen war, schließt auf Folgendes: Es ist ein vom System etabliertes Reaktionsmuster auf Stress. Dieser kann emotionaler, psychischer oder körperlicher Natur sein.

Kennst du jedoch dieses Bedürfnis noch nicht und ist es jetzt erstmals aufgetaucht, so ist es wahrscheinlich, dass es ein Weg deines Systems ist, um auf etwas relativ Neues, Junges in deinem Leben zu reagieren, das an dir zehrt. Es kann eine Schwierigkeit deines Geistes sein, sich an das Neue anzupassen. Es kann aber auch aufzeigen, wie du mit Stress oder den Tiefen des Lebens umgehst (mit welcher Reaktion).

War dieses Bedürfnis jedoch schon immer vorhanden, so ist es Charakter- bzw. Konstitutionsfrage. Dann kann es durchaus Hochempathie, Hochsensibilität bzw. -sensitivität oder -begabung sein. Besonders im letzten Fall spult sich ein Schema ab: Das normale Leben, das einfache und selbstbezogene, vereinte, menschliche Leben mit all seinen Facetten vom Saubermachen bis sozialem Kontakt wird als trennend und unwichtig empfunden. Doch hier greift die Psychologie herein und sagt: Wenn etwas zählt, dann dass man sein Leben (aus)lebt. Lebt man jedoch im Geiste, so wie Hochbegabte, dann gibt es Gedanken und Projekte, die wichtiger erscheinen als so mancher Lebensaspekt. Mit Leben ist alles gemeint: laute und stille Freude, laute und leise Bedürfnisse, Nachgeben, Durchsetzung und Konfrontationen, Harmonie und Disharmonie usw.

Diesen Ansatzpunkt kann man auch verwenden, wenn man sich zu keiner dieser Kategorien zählt. Wo (in welchem Lebensbereich) gibt es ein Ungleichgewicht im Selbstausdruck, im Äußern deiner Bedürfnisse, im Erfüllen deiner Bedürfnisse?

 

Welche anderen Bedürfnisse, die das Bedürfnis nach Ruhe/Stille auslösen, sind nicht erfüllt?

Partnerschaft, soziale Kontakte (Freunde, Feiern, Treffen, vertrauensvolle Gespräche bzw. Ansprechpartner), Selbstausdruck in Hobbies und Leidenschaften, passendes Umfeld (lokal in Bezug zum Wohnort als auch der Familien-, Bekannten-, Freundes- und Kollegenkreis): All diese Bereiche geben uns etwas. Sollten sie jedenfalls. Sonst ist es verständlich, wenn wir uns nicht wohlfühlen und lieber unsere Ruhe erfahren möchten. Doch was sie uns geben (sollten), hat selten etwas mit Ruhe zu tun: Es ist wahrscheinlicher, dass es der Ausdruck und das Fühlen von Respekt, Teilhabe bzw. Mitgestaltungsraum, Zugehörigkeit, Ansehen, Anerkennung, Wahrgenommenwerden/ Aufmerksamkeit oder Zeit ist, um nur einige zu nennen. Sind diese nicht erfüllt, tendieren viele dazu, sich zurückzuziehen, weil sich ihre Art der Offensive als unwirksam herausstellte. Schaut man sich dann Menschen an, mit denen man alternativ und ersatzweise ein „Problem“ hat, weil sie zu laut sind oder rücksichtslos erscheinen, fällt eins auf: Sie machen es dennoch. Sie ziehen sich nicht zurück. Im Gegenteil: Sie suchen weiter und bleiben weiterhin, was sie sind. Sie kümmern sich weder um andere und was sie denken. Noch schränken sie ihre Stimme ein. Es ist deren Art der Offensive, um sich ein Bedürfnis zu erfüllen. Auch ihr Bedürfnis wird sich unter den eben genannten als Ausdruck finden.

 

Jetzt könnte es etwas wehtun

das Einzige, was stört, sind die Anderen und was sie von mir denkenWir haben also mindestens zwei „Sorten“ Mensch mit verschiedenen Ausdrucksformen ihrer Bedürfnisse. Während die einen „so“ sind, sind die anderen anders. Wir haben zudem mindestens zwei „Sorten“ Mensch mit verschiedenen Herangehensweisen ans Leben, an unerfüllte Wünsche oder Ziele sowie Umgangsweisen mit anderen. Beides lässt sich weder als gut noch schlecht bezeichnen. Im Gegenteil: Beide könnten voneinander lernen.

Erinnern wir uns erneut, was ich eingangs schrieb:

„Ob dir das gefällt oder nicht, spielt in diesem Moment keine Rolle für mich. Wie du damit umgehst, spielt keine Rolle. Für mich ist es gleichgültig, was du jetzt darüber denkst. Es wird an meinem Verhalten nichts ändern. Männer sind mir egal, die mein Verhalten störend finden könnten. Frauen sind mir egal, die mein Verhalten störend finden könnten. Kinder sind mir egal, die mein Verhalten störend finden könnten. Mein Augenmerk liegt auf mir und dem, was ich bin, will, fühle, welche Menschen es in meinem Leben gibt, was ich kann, was ich nicht kann, wie ich der Welt begegne. Ob es dir oder jemand anderem passt oder du es ablehnst, wie ich mich in der Welt bewege, wie ich ihr begegne, spielt keine Rolle für mich. Du wunderst dich darüber, dass ich so bin, wie ich bin und wie ich mich verhalte. Ich wundere mich darüber, dass du nicht so bist, wie ich und wie ich mich verhalte. Du magst anders sein als ich, gerade etwas Anderes brauchen, aber darauf kann ich keine Rücksicht nehmen. Ich mache dennoch das, was ich für richtig erachte.“

Welche dieser Fragen treffen dich am meisten?

  • Warum nehmen sich andere wichtiger als (m)ich?
  • Wieso achten andere nicht auf mich und meine Bedürfnisse?
  • Wieso ist es ihnen gleichgültig, was ich fühle, denke und brauche?
  • Wieso darf ich mich nicht danebenbenehmen, während andere es doch auch dürfen?
  • Wieso bin nicht ich laut und aufdringlich, wenn mir danach ist?
  • Wieso trage ich das, was mir Spaß und Freude bereite, nicht nach außen?
  • Wieso nerve ich Menschen nicht auch einmal mit meinen Bedürfnissen und setze mich durch?

Wir können jeder Herausforderung auf unterschiedlichste Weise begegnen. Wir können uns reflektieren und unser Denken, unsere Interpretationen ändern. Vielleicht lernen wir so, das, was uns als Kind verboten war, als Erwachsener wieder zurück zu integrieren. Wut allein, ohne sie auch auszudrücken, bringt allerdings wenig. Sie würde sich nur gegen uns selbst richten und so den Stress erhöhen. Die resultierenden Stressshormone blieben in unserem Körper und könnten dort ihren Schaden anrichten. Wenn wir in einer lauten Umgebung sind, müssen wir also Wege finden, sei es auch durch Kündigung, Umzug oder Ausdruck der empfundenen Belästigung.

 

Coach für Frauen und Männer bei Ängsten

Janett Menzel

Mentorin | Life & Love Design

Expertin für Bindungsangst und Kommunikation in Partnerschaften, Emanzipationswunden, transgenerationale Muster, Wer bin ich? Wer will ich sein? (Identitätsbildung), dysfunktionale Familien (Mutter- und Vaterwunden), Hochbegabung – Hochempathie – Kreativität & Angst, Trainerin für individuelle Meditationen und Tiefen-Entspannungstechniken. Anfragen und Beratungen >>

3 Kommentare

  1. Liebe Janett,
    Danke für diesen Artikel. Ich habe nach dem Thema im Netz gesucht, weil ich heute wieder mehrere Situationen erlebt habe, in denen ich andere Leute als rücksichtslos laut empfunden habe – und es ist so richtig wie du es beschreibst, denn ja, in mir löst das jedesmal sehr viel Wut aus mit der Frage “Warum achten die nicht auf andere? Ich würde so niemals handeln”. Und das schlimme ist, dass ich mich dann nur noch darauf konzentrieren kann. Böse Blicke helfen dann nicht, die Leute ignorieren das einfach. Aber die Schlussfolgerung lässt noch dennoch unzufrieden zurück. Ich will gar nicht so sein wie die, ich will nicht genau so anderen meine Bedürfnisse aufdrängen. Du hast Recht, ich würde dazu erzogen Rücksicht zu nehmen, nicht nur meinen Willen vor alles zu stellen, aber ist das auch nicht der Sinn von Gemeinschaft?

    Antworten
    • Liebe A,

      ich sehe das genauso wie du. Ich habe aber auch festgestellt, dass die Interpretation als Rücksichtslosigkeit natürlich auch weitere Gedanken steuert, bis hin zu Wut und bei vielen auch Panikattacken und Angstzustände an sich. Es zu vermögen, sich da herauszuziehen und vielleicht zwei, drei Sachen zu ändern oder anders zu sehen, könnte zumindest ein wenig der Gefühlswucht von den Schultern nehmen. In allen anderen Punkten stimme ich dir zu 100 Prozent zu. Ich finde auch, dass eine angemessene Lautstärke und Rücksicht auf das Umfeld Respekt zeigt und dieser auch für das Gemeinschaftswohl wichtig ist. Aber das sehen andere wohl anders… Vielleicht haben sie es selbst nie erfahren.

      Liebe Grüße,
      Janett

      Antworten
  2. Hallo Frau Menzel,
    auch ich danke für Ihren Artikel! Es tut mir immer wieder gut zu wissen, dass ich ihn solchen Empfindungen nicht allein bin.
    Ich bin täglich in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs und habe schon ein paar Mal Mitreisende gebeten, woanders zu rauchen oder die Lautstärke ihrer Musik herunterzudrehen. Und meine Erfahrungen waren positiv! Zwei Mal wurde ich gefragt, ob mich die Musik oder das laute Telefonat stören würde, was ich bejaht habe. Ich hatte den Eindruck, dass es für diese beiden Menschen tatsächlich neu war, dass jemand sich gestört fühlt! Sie machten einen ehrlich überraschten Eindruck und haben danach die Lautstärke gedrosselt. Vielleicht sind viele also tatsächlich nicht einfach nur rücksichtslos, sondern nehmen einfach nur ganz anders wahr. Vielleicht hilft das, die Wut, die auch ich dann empfinde, zu reduzieren.
    Viele Grüße, J.P.

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